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Fürchte dich nicht, liebe Angst!

Teuflisch lauernd hinter dunklen Ecken
folgtest du mir unerbittlich durch die Nacht.
Zitternd schlossen deine kalten Finger sich um meinen zarten Hals.
Mit blanker Panik warst du Herrscher der gelähmten Sinne.

Kein Schauder war dir je genug, den Galgenhunger dir zu stopfen.
Urplötzlich aus dem Hinterhalt hast du mich angefallen,
hast meinen Weg gekreuzt und mich davon gejagt mit deinem Todesruf.

Das hässliche Gesicht maskiert in hundertfacher Form,
wähltest du Kostüme und Grimassen deiner Schreckensphantasie.
Zu viele Namen zeichnen dich, wer könnte sie noch zählen?

Schon in der Wiege troff dein Geifer klebrig
auf mein ungeschütztes Kissen.
Du quältest mich mit Mord in zarten Kinderträumen.
Das Leben, das so süß mir eingehaucht,
hast du mit deinem faulen Atem fast erstickt.

Vergeblich hab ich all die Zeit versucht, vor dir davon zu laufen.
Eisern zwang dein Griff mich stets zu Boden, bis ich spürte,
dass wir zwei unzertrennlich sind.

Und als du nicht von meiner Seite wichest, entsann ich mich,
dass jedes Ding in dieser Welt sein Gegenstückchen hat.
Wo Licht ist, ist auch Schatten - und du gehörst zu mir!

Hast du es immer schon gewusst? War ich der Narr und du mein König?
So biet ich dir den Gastraum an in meiner stillen Kammer,
tu kühn den Umhang auf für dich und lad dich ein an meinen Tisch.

Tritt ein und lass dir gut gehen, alter Mann,
leg deinen Lumpenmantel ab und wärme dich am Feuer meiner Liebe.
Wie durch ein Wunder geht sogleich ein Lächeln über dein Gesicht.

Mir träumt, in deinem Herzen brenne Licht.
War's das, wonach du suchtest,
warum verzweifelt du in meine bangen Glieder fuhrst?
Vor lauter Angst sah ich die Furcht in deinen Augen nicht.

Ich stütze gern den alten Bruder, der stets bei mir war
als Fremder oft getarnt.
Nun sind wir eins, durchwebt mit gleichem Garn
und trutzen machtvoll allen Lagen.
Wen sollte ich denn jetzt noch fürchten, wo meine Angst doch bei mir ist?

Du bist die Sprache meines Herzens, die flüsternd warnt vor der Gefahr.

In Liebe schreiten wir gelassen nun voran, veredeln unser Leben,
die Angst und ich, gemeinsam stark, vereint mit Gottes Segen.


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